Zur Rolle der Kirchen in der Großen Transformation – Theologisches Wissen als Ressource für den Nachhaltigkeitsdiskurs

Das Buch zur Großen Transformation widmet anders als das WBGU-Gutachten aus dem Jahr 2011, bei dem sie als Akteure keine Erwähnung fanden, der Rolle der Kirchen in der Großen Transformation ein eigenes Kapitel (S. 314 f.). Wir betonen die besonderen Ressourcen von Religionen für Transformationsprozesse, ihre Seins-Orientierung, ihre Immaterialität, ihre Transformations-Perspektive. Kirchen sind als "Mahner", "Mittler" und "Motor" für gesellschaftliche Transformationsprozesse von großer Bedeutung – ein Motiv, das auch die Evangelische Kirche in Deutschland in ihrem neuen Impuls-Papier stark macht (s.u.).

 

Seit 2011 haben sich die christlichen Kirchen mit Nachdruck in die Nachhaltigkeitsdebatte eingebracht – mit der päpstlichen Enzyklika "Laudato Si" im Jahr 2015 (Online verfügbar unter https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2015/2015-06-18-Enzyklika-Laudato-si-DE.pdf) und die Evangelische Kirche erst jüngst mit einem Impulspapier zur Agenda 2030 "Geliehen ist der Stern, auf dem wir leben - Die Agenda 2030 als Herausforderung für die Kirchen" (Online verfügbar unter: https://www.ekd.de/ekd_de/ds_doc/ekd_texte_130_2018.pdf )

 

Warum Kirchen eine solche Bedeutung in den aktuellen Umbruchsprozessen haben, wurde eindrucksvoll auf einer Veranstaltung der Stiftung für Kulturelle Erneuerung am 5.11.2018 an der LMU München mit Heinrich Bedford-Strohm, dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, sowie Markus Vogt, Professor für christliche Sozialethik an der LMU, lebendig erfahrbar.

 

Heinrich Bedford-Strohm verdeutlichte, dass die Kirchen mit ihrem Universalismus der geborene Akteur einer weltweiten Zivilgesellschaft sind. Er betonte die Bedeutung einer "öffentlichen Theologie", die religiöse Narrative für den breiten gesellschaftlichen Diskurs verfügbar macht. Wie wichtig solche theologischen Perspektiven für den Nachhaltigkeitsdiskurs sind, wurde in sieben pointierten Thesen zu den Potenzialen der Kirchen von Markus Vogt klar (vgl. dazu auch das in Buch-Form erschienene äußerst lesenswerte Essay "Wandel als Chance oder Katastrophe"  Theologisch aufgeklärte Perspektiven können helfen, ein zu einfaches Naturverständnis, das das Ökologische  zu einer Ersatzreligion werden lässt, genauso überwinden, wie einen undifferenzierten Hoffnungsbegriff, der zwischen einem naiven Fortschrittsoptimismus und der Angst vor Apokalypse oszilliert. Religion steht zudem für ein Bildungsverständnis, das "Hirn", "Hand" und "Herz" mobilisiert. Es überwindet damit die rein kognitive Fixierung des aktuellen Ökologiediskurses, ein wichtiges Anliegen des Konzeptes der Zukunftskunst im Buch zur Großen Transformation.

 

Soll der Diskurs über die Große Transformation von seinem kulturellen Kern her verstanden werden, birgt theologisches Wissen einen gewaltigen Schatz. Die Kirchen sollten sich daher aktiv und selbstbewusst in die Nachhaltigkeitsdebatte einbringen.